Gesammelte Artikeltexte des Kurier für Niederbayern, Ausgabe vom 1914-05-12. Unterstützt durch den Europäischen Fond für Regionale Entwicklung (EFRE). Herausgeber: Lehrstuhl für Digital Humanities, Universität Passau (2016). Veröffentlicht unter der Lizenz Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International. Kurier für Niederbayern: Landshuter Tag- und Anzeigenblatt; unabhängige Tageszeitung für Heimat und Volk. Altbayerische Verlagsanstalt Vereinigte Dr. Mühldorf, Betrieb Landshut. 67. Jahrgang Nr. 129, 1914-05-12. Die gescannten Zeitungsbände wurden von der Bayerischen Staatsbibliothek München zur Verfügung gestellt. (https://opacplus.bsb-muenchen.de/search?oclcno=644150540&db=100) Die Zeitungsdoppelseiten wurden mit 300dpi und einer Farbtiefe von 24 Bit gescannt, die resultierende TIFF-Datei binarisiert und als Input für die OCR-Software verwendet. Überschriften, Artikeltexte und Seitenumbrüche wurden kodiert, Absatzumbrüche und Spaltenumbrüche wurden nicht kodiert. Artikelüberschriften wurden korrekturgelesen, Artikeltexte als OCR-Rohausgabe belassen. Das Vorhaben 'Digitalisierung historischer Zeitungen', in dessen Rahmen diese Daten generiert wurden, ist Teil des Projektes 'Deutsch-tschechisches Digital Humanities Labor zur grenzübergreifenden historischen Forschung' (http://www.phil.uni-passau.de/dh/forschung/deutsch-tschechisches-digital-humanities-labor/) der Universität Passau und der Südböhmischen Universität Budweis (CZ)" ──────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────── Kurier für Niederbayern Jahrgang 67 Nummer 129 12. Mai 1914 ────────── Verschärfung der Lage in Mexiko. Großes Aufsehen erregt in Newhork eine Information des mexikanischen Sonderbericht­ erstatters "Evening Mail". Es wird darin nämlich behauptet, daß trotz der äußeren Feind­ schaft ein "moralisches Bündnis" zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten und den mexikanischen Rebellen bestehe. Das Blatt er­ klärt, daß noch innerhalb der letzten Woche für über vier Millionen Mark Waffen und Mu­ nition zu General Villa über die amerikanisch­ mexikanische Grenze geschafft worden sind — trotz des sogenannten Waffeneinfuhrverbots und der strengen Grenzbewachung. Gegen diese Unterstützung der Rebellen richtet sich auch be­ sonders Huertas Protest, doch wird die öffent­ liche Meinung der Vereinigten Staaten über diese Tatsache geflissentlich in Unkenntnis ge­ halten. Inzwischen wird natürlich die Waffenzusuhr für Huerta mit aller Macht ver­ hindert, selbst auf die Gefahr internationaler Verwicklungen hin. Unter diesen Umständen ist es Huerta nicht zu verdenken, wenn er von Verhandlungen mit' den Amerikanern nichts wissen will. ────────── fabrikanten für eine vermehrte Käsekost in der Armee ein. Abg. Thoma (Natl.) meint, die Heeresverwaltnng würde sich ein großes Ver­ dienst um bie Mannschaften urtb die Käse­ industrie erwerben, wenn sie dieser Anregung entsprechen würde. Beim Kapitel "Beklei­ dungsämter" verlangt Abg. Albrecht (Hoz.) Ko­ alitionsfreiheit für die Staatsarbeiter und die Beseitigung der Strafanstaltslieferungen im Interesse der privaten Großbetriebe und der Handwerker und beklagt die Ungleichheit der Löhne bei den einzelnen Aemtern. General­ major SBiTD von Hohenborn erwiderte unter anderem, daß die Zuschlagserteilung nur an solche Firmen geschehe, die für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber den Arbeitern die erforderliche Sicherheit bieten. Das Koali­ tionsrecht der Militärarbeiterschaft werde nur insoweit beschränkt, als es die Sicherheit und die Zwecke des Staates erfordern. In der wei­ teren Debatte bringen die Abgg. Chrysant(Z-), Behrens (W. Vgg.), Trimborn (Ztr.) Wün­ sche vor betreffend größerer Berücksichtigung des Schuhmacher- und Sattlergewerbes, bes­ serer Löhne bei den Bekleidungsämtern und für die Maschinisten der Heeresverwaltung, de­ nen (Generalmajor von-Schüler nach Möglichkeit Berücksichtigung zusagt. ────────── Ihnen ja gar nicht gewöhnt!" Lachend, mit etwas erzwungener Heiterkeit streckte er dem jungen Mediziner die Rechte entgegen. Brand sah auf den ersten Blick, daß sich hinter der weltmännischen Heiterkeit seines Leh­ rers eine starke, innere Unruhe verbarg. "Ja, Herr Professor, es schaut bös aus. Ich bin im allgemeinen ein leidlich toleranter und friedliebender Mensch. Aber ich möchte heute mit Teil sagen, daß mir die Milch der frommen Denkungsart in gährend Drachengift verwandelt ist," versetzte Brand mit trotzigem Auflachen. "Na, mein alter Junge, was haben Sie denn eigentlich? Sie tun ja als ob das gesamte Medizinal-Kollegium Ihnen eins ausgewischt hätte." Leonberg kramte mit abgewandtem Gesicht auf seinem Schreibtisch herum. "Mir? — Jedes Haar auf meinem Schä­ del soll mir einzeln ausgerissen werden, — ich will nicht mucksen; nein, Sie, Herr Profes­ sor, sind diesmal selbst in Mitleidenschaft ge­ zogen; gegen Sie, Herr Professor, richten sich gewisse Angriffe — — (Fortsetzung folgt.) In ihrer Todesangst wandte sich die Mut­ ter an den damals im gleichen Hause wohnen­ den Doktor von Leonberg. Es war ein Wagnis; aber es schlug zu ihren Gunsten und noch mehr zum Glück ihres Sohnes aus. "Ueberlassen Sie den Jungen nur mir!" sagte Leonberg am Bett des Genesenden zu der überglücklichen Mutter. "Ich werde für das Weitere sorgen." "Ach, kein Mittel, das ärztliche Kunst für Leiden der Menschen bereit hält, hätte des Sohnes Genesung mehr beschleunigen können. Seitdem waren sechs Jahre ins Land ge­ zogen. Moritz Brand war jetzt die Gesundheit in Person, und auch sein glühendster Wunsch Mediziner zu werden, war in Erfüllung ge­ gangen. Er stand sogar als Assistenzarzt dem von ihm hochverehrten Gönner seit längerer Zeit tatkräftig zur Seite. "Und gerade heute bleibt er so lange," murmelte der noch immer am Fenster stehende junge Mann. "Die Ungeduld peinigt mich! Und fortgehen kann und will ich nicht, ohne ihn gesprochen zu haben." Dabei zuckte ein Aus­ druck von verhaltenem Grimm über sein sonst so heiteres, lebensfrohes Gesicht. Leonberg hatte oft gesagt: "Sie sind mein Sorgenbre­ cher, Moritz! Wenn Sie mit Ihrem trockenen Witz den Humor der Situation erfassen und in Worte kleiden, dann halten auch die schwersten Sorgen nicht länger Stand." "Ja, aber heute scheint doch der gepriesene Humor zur Neige zu «gehen," fuhr Moritz Brand in seinem Selbstgespräch fort. "Aberi, wie sollte man seine gute Laune behalten, wenn dem edelsten, treuesten und besten Menschen so mitgespielt wird. Da stehen einem ja die Haare zu Berg." Er schüttelte sich, so würgte ihn der Groll. Seine Blicke glitten in dem schlichten, aber behaglich eingerichteten Zim­ mer umher. O, wie oft hatte er hier seinem Lehrmeister gegenübergesessen,. Gedanken und Meinungen mit ihm ausgetauscht und von dem reichen Schatz seines Wissens und seiner Kenntnisse Nutzen ziehen dürfen! Niemand, niemand kannte ihn so wie er — Moritz Brand, denn — — er unterbrach sich; das Rollen einer Droschke klang vor dem Hause. Jetzt verstummte das Geräusch — kein Zweifel, die Droschke hielt unten an der Tür. Moritz Brand stürzte ans Fenster. Er sah den Erwartenden eben noch ins Haus eintreten. Endlich! "Na — nu! Sie warten auf mich, Moritz?" rief Professor von Leonberg aus, als er ins Zimmer trat. ,,Was gibt es denn? Doch warum dieses Leichen bittergesicht? Das ist man an ────────── Bayerische Nachrichten. Die Wahl eines neue» Rechtsrates sollte am letzten Samstag in Regensburg stattfinden. Die Zentrumspartei des Gemeindekollegiums streikte jedoch und io war das Kollegium nicht beschlußfähig. Jeder der streikenden Gemeindeberollmächtigten wurde zu 30 Mark Geldstrafe verurteilt. Der Magistrat Fürth hat in seiner letzten Sitzung eine neue Lohntasel für die städtischen Ar­ beiter genehmigt, die einen jährlichen Mehraufwand von 50,3 8 1 Mark erfordert. Die neue Lohnregelung bringt für die Arbeiter eine tägliche Lohnaufbefierung von 20 Pfg. Münchener Appetit. Der Münchener M a t bock hat acht Tage gedauert. Im HofbräuhauS allein wurden bei einem täglichen Gesamtverkehr von 12.000 Personen 150 Hektoliter Bock- und 150 Hektoliter gewöhnliches Bier im Tag ausgeschenkt. Das macht 240,000 Liter in acht Tagen. Zwanzig Kälber und vier Schweine wurden geschlachtet und 36.000 Würste, 180 Spießbrathühner und 500 Rettiche vertilgt • ────────── Allerlei. BernrreUter Rechtsanwalt. Die Straf­ kammer in Traunstein verurteilte den Rechts­ anwalt Nr Her von Rosenheim wegen eines fortgesetzten Vergehens der Untreue und der Unterschlagung zu 1 Jahr und 2 Monaten Gefängnis. Selbstmord eines Verurteilten. Der Buch­ binder Johann Nepomuk Scheel aus Eichstätt, der vor kurzem wegen Ermordung der Ober­ kellnerstochter Gisela Schwarz aus Budapest vom Augsburger Schwurgericht zur Todesstrafe verurteilt worden ist, wurde Samstag früh in seiner Zelle erhängt aufgefunden. Ein aufregender Vorfall im Gerichtssaale. Als