Gesammelte Artikeltexte des Kurier für Niederbayern, Ausgabe vom 1914-07-22. Unterstützt durch den Europäischen Fond für Regionale Entwicklung (EFRE). Herausgeber: Lehrstuhl für Digital Humanities, Universität Passau (2016). Veröffentlicht unter der Lizenz Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International. Kurier für Niederbayern: Landshuter Tag- und Anzeigenblatt; unabhängige Tageszeitung für Heimat und Volk. Altbayerische Verlagsanstalt Vereinigte Dr. Mühldorf, Betrieb Landshut. 67. Jahrgang Nr. 196, 1914-07-22. Die gescannten Zeitungsbände wurden von der Bayerischen Staatsbibliothek München zur Verfügung gestellt. (https://opacplus.bsb-muenchen.de/search?oclcno=644150540&db=100) Die Zeitungsdoppelseiten wurden mit 300dpi und einer Farbtiefe von 24 Bit gescannt, die resultierende TIFF-Datei binarisiert und als Input für die OCR-Software verwendet. Überschriften, Artikeltexte und Seitenumbrüche wurden kodiert, Absatzumbrüche und Spaltenumbrüche wurden nicht kodiert. Artikelüberschriften wurden korrekturgelesen, Artikeltexte als OCR-Rohausgabe belassen. Das Vorhaben 'Digitalisierung historischer Zeitungen', in dessen Rahmen diese Daten generiert wurden, ist Teil des Projektes 'Deutsch-tschechisches Digital Humanities Labor zur grenzübergreifenden historischen Forschung' (http://www.phil.uni-passau.de/dh/forschung/deutsch-tschechisches-digital-humanities-labor/) der Universität Passau und der Südböhmischen Universität Budweis (CZ)" ──────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────── Kurier für Niederbayern Jahrgang 67 Nummer 196 22. Juli 1914 ────────── Mann auf, dazu rund 70 Mann in der Ma­ schinengewehrabteilung, also im ganzen 550 Mann, und das nennt man an der Donau "erhöhten Stand der Schlagfertigkeit". Die Nachricht ist unter "Tageschronik" wiederge­ geben und man hat das Gefühl, daß man sich an der Donau freut, melden zu können, daß 50 Bataillone in Bosnien 120 Mann in der Kompanie besitzen. Ein Ereignis! Aber auch wieder ein Beweis dafür, daß bei der augen­ blicklichen Lage in Europa wir uns gefaßt machen müssen, die Hauptlasten etwa kom mender Ereignisse allein zu tragen. Bürgermeister Trömel redet. Der frühere Bürgermeister von Swinemünde, Trömel, des­ sen Vorträge über seine Erlebnisse in der Fremdenlegion von mehreren preußischen Po­ lizeiverwaltungen verboten wurden, beglückt jetzt die freie Hansestadt Hamburg. Nach dem Muster des amerikanischen Staatssekretärs Brhan hält er seine Vorträge an einem der Kunst geweihten Ort, im Eden-Theater. Der genius loci scheint auf ihn aber nicht über­ gegangen zu sein, denn seine Lichtbildervor­ träge enttäuschten die Zuhörer schmählich, die in der Erwartung, besondere Enthüllungen zu hören, gekommen waren. Was Trömel vor­ trägt, ist längst bekannt, er erzählt lediglich von dem Leben in der Legion, von den Leiden der Legionäre, und etwas Persönliches ent­ hält sein Vortrag nur durch die Wiedergabe seines auf den Namen Tunze lautenden Pas­ ses und Steckbriefes im Lichtbild. Der Lohnkampf in der Lausitz. Nach dem "Berliner Tageblatt" will sich der Regierungs­ präsident mit den maßgebenden Organisationen der beiden Parteien in Verbindung setzen, um den Kamps in der Lausitzer Tuchindustrie auf dem Vergleichswege beizulegen. Der neueste österreichisch-ungarische Dread­ nought. Der dritte österreichisch-ungarische Dreadnought "Prinz Eugen" wurde in das Geschwader eingestellt. Die österreichisch-un­ garische Kriegsmarine verfügt nunmehr über drei hochmoderne Schlachtschiffe. Beim Bandes vierten Dreadnoughts :"Czent Jstvan" hat sich allerdings eine erhebliche Verzögerung erge­ ben, sodaß der augenblickliche Gefechtswert der Schlachtschiff-Division eine bedeutende Vermin­ derung erfährt. Das Standrocht in Bosnien. Der Scharf­ richter Josef Lenk, der unter anderem Na­ men gegenwärtig in Kalsbad zur Kur weilt, erhielt aus Prag den Auftrag, sich nach Serajewo zu begeben und seine Gehilfen mitzu­ bringen. Italien vor einem neuen Eisenbahnerstreik. Der Direktionsrat der italienischen Eisenbah­ nen hat gestern die disziplinarischen Maßnah­ men bekannt gegeben, die gegen die Eisen­ bahnangestellten ergriffen wurden, die anläß­ lich des großen mit revolutionären Erschei­ nungen verbundenen Massenausstandes gleich­ falls in den Streik getreten sind. 58 Eisenbah­ ner wurden gänzlich entlassen und 300 in un­ tergeordnete Stellungen zurückversetzt, während die fällige Gehaltserhöhung be? ungefähr 1000 Eisenbahnern auf längere Zeit hinaus­ geschoben wird. Die Vereinigung der Eisen­ bahn-Angestellten, die sozialdemokratischen Cha­ rakter hat, droht nun mit einem 24stündigen Generalstreik aus allen italienischen Eisenbah­ nen zu antworten. Königs Georgs Eingreifen in den Ulster­ streit. König Georg hat die Führer der vier an der Ulsterfrage nächstbeteiligten Parteien zu einer Konferenz in sein Schloß eingeladen, da die Unterhandlungen auch am Samstag zu keinem Erfolg führten. Die Opposition be­ stand auf der Ausschließung der Grafschaften Fermanagh und Throne von der irischen Selbst­ verwaltung trotz ihrer katholischen Mehrheit, und die irischen Nationalisten wollten sie na­ türlich nicht zugestehen. Der beispiellose Schritt einer Konferenz im Schlosse dürfte Erfolg ha­ ben. Er hat ab es in liberalen Kreisen Miß­ behagen erregt. Ihre Presse warnt den Kö­ nig schon heute vor einer Ueberschreitung sei­ ner konstitutionellen Befugnisse, da das Ge­ rücht geht, er habe für den Fall des Scheiterns der Zusatzbill seine Unterschrift zur Homeru­ lebill von der Abhaltung sofortiger Wahlen abhängig gemacht. Ein Pfarrer als Spion. Der Pfarrer Heurtebond in Bernah in den Reichslanden, wurde wegen Spionageverdachts festgenommen. Wie aus Bernah gemeldet wird, wurden in dem Hause des Pfarrers Heurtebond zahlreiche wichtige Schriftstücke beschlagnahmt. Die Blät­ ter erzählen, er habe betn Stationsvorsteher von Thiberville mitgeteilt, daß er mit ihm zusammen 500 000 Francs verdienen könne, wenn er ihm den Mobilisierungsplan der Nord­ bahnlinien verschaffen würde. Die ^Untersuchung ergab, daß Huertebond ein kostspieliges Liebes­ verhältnis mit einer Pariserin unterhielt. Auch in deren Wohnung wurde eine Haussuchung vorgenommen, doch wurden dort nur Liebes­ briefe gefunden. Die türkische T avakregie. Die Einnahmen der türkischen Tabak-Regie-Gesellschaft betru­ gen im Monat Juni 1914 25100 000 Piaster gegen 20 700 000 Piaster im gleichen Zeit­ raum des Vorjahres. Setzerstreik in Petersburg. Die Streik­ bewegung in St. Petersburg hat sich jetzt auch auf die Setzer ausgedehnt, so daß mehrere Zeitungen nicht erscheinen konnten. Die Strei­ kenden wollen einen allgemeinen drei Tage dauernden Generalstreik organisieren, um ge­ gen die Unterdrückung der Manifestationen durch die Polizei zu protestieren. Es wird offiziell angegeben, daß der Grund zu der Streikbewegung darin liege, daß eine Zeitung am 16. Juli die Nachricht veröffentlichte, daß die Polizei mehrere Arbeiter der PutilowWerke verwundet habe. Es wird festgestellt, daß die Polizisten von ihren Waffen keinen Gebrauch gemacht hatten. Huerta im Exil. 1 Huerte nebst sejner Gattin und seinen zwei Töchtern, sowie Blanquet mit Gemahlin und Tochter haben sich gestern nachmittags als Gäste an Bord des deutschen Kreuzers "Dresden" begeben, der abends 7 Uhr 30 Min. nach Kingston ab­ fuhr. Am Pier hatten sich nur wenige Per­ sonen, darunter etwa 50 Mitglieder der frühe­ ren Leibwache, eingefunden. Es kgm zu kei­ nerlei Kundgebungen. Neue Revolution in Mexiko. General Pas­ cal Orozco. hat nördlich von Aguas Calientes mit 4000 Mann eine neue Revolution ge­ gen Carranza begonnen. Er wird von Ge- , neral Francisco Cardenas unterstützt, der sich * bereit macht, in den Staat Michoacan einzu­ dringen. Aufsässige Hindus. Aus Toronto (Ka­ nada) wird gemeldet, daß dort eine schwere Meuterei gegen die Schiffsleitung auf dem Pas­ sagierdampfer "Komato Maru" ausgebrochen ist. Die an Bord befindlichen Hindus soll­ ten auf Befehl der Behörden wieder zurückbesördert werden. Die Hindus verhinderten den Kapitän des Dampfers, das Signal zur Ab­ fahrt zu geben, indem sie ihn gefangen setz­ ten? Infolgedessen sandten die Einwande­ rungsbehörden ein Boot mit 150 bewaffneten Polizisten, um dem Kapitän beizustehen. Die Hindus ließen die Polizisten jedoch gar nicht an Bord kommen, sondern bombardierten das Boot von oben mit schweren Gegenständen, wodurch 20 Polizisten zum Teil lebensgefähr­ lich verletzt wurden. Das Boot kehrte darauf, an Land zurück. Die Behörden ersuchten nun den Kommandanten des britischen Kriegsschif­ fes "Rainbow", eine Abteilung Seesoldaten an Bord des Passagierdampfers zu senden, um die Ordnung herzustellen. Man fürchtet, daß es dabei zu blutigen Kämpfen kommen wird. ────────── Eine Viertelstunde später rollte die Post­ kutsche durch das Tor, und lustig blies der Postillon in sein Horn, als die Pferde in gleich­ mäßigem Trabe in die sonnige Chaussee bogen. "Sah sehr elend aus, die junge Frau!" murmelte Westermann. "Taumelte wie eine Schwerkranke, als der gnädige Herr sie die Treppe hinunterführte. Aber wenn die Se­ lige sich drüben in den Zimmern zeigt, gibts immer ein Unglück!" Krachend fielen die schweren Torflügel zu, kreischend drehte der Schlüssel sich im Schloß, und wieder lag das alte Haus still und traum­ versunken, eine Welt für sich. Nur oben im Erkerzimmer stand ein Fenster offen, in gol­ digen Lichtreflexen spielte die Sonne auf dem Glase. Westermanns Gedanken beschäftigten sich unausgesetzt mit diesen Eindringlingen, wie er die Willmers im Stillen nannte, und wäh­ rend er langsam dem Hause zuschritt, über­ legte er, wie er zu handeln hatte, um sein Prinzeßchen und ihre kranke Mutter, die, Gott sei's geklagt, seit mehr als einem Jahre schon kein Glied rühren konnte, vor Mangel und Not zu schützen, noch mehr aber vor jenen Menschen, die heute oder morgen hier als Her­ ren einziehen würden. Die beiden, hinter denen sich eben das große Tor geschlossen hatte, waren nur Vorboten gewesen, aber bald kam der eigentliche Herr dieses alten Hauses, das, von Rechts wegen, einer anderen gehörte. — In der Seele des treuen Dieners kochte bit­ terer Groll gegen den Toten auf, der sein Hab und Gut lieber Fremden hinterließ, als der Enkelin, der einzigen Tochter des Verbannten. Mit der geballten Faust fuhr sich Wester­ mann über den kühlen Schädel und blickte düster zu dem verwitterten Wappen über dem Haupteingang auf. "Treu, frei und fest!" lau­ tete die Devise der Willmers. Seine alten Augen konnten die Steinschrift, über die der Epheu seine Ranken spann, nicht mehr ent­ ziffern, aber er kannte sie auswendig. "Treu, frei und fest!" murmelte er. Ja­ wohl, fest war sein General gewesen, fest wie Eisen, ob er aber immer recht gehandelt hatte? Für's erste mußte er die beiden Frauen aus den Schlag vorbereiten, damit er sie nicht ganz unerwartet traff, weiter mochte Gott ihnen .helfen, ohne dessen Willen kein Sperling von dem Dach und kein Haar von eines Menschen Haupt zu Boden füllt. Der fromme Gedanke beruhigte ihn und schneller vertiefte er sich in die taufrischen Gänge des alten Parkes, durch dessen tiefen Schatten die Sonne sich nur Ivühsarn Bahn brach. Ueber ihm, in dem dichten Gezweig, machte ein Eichhörnchen seine kecken Sprünge, ab und zu fiel mit leisem Aufseufzen ein welkes Blatt zur Erde, überall tiefer, Schmerzen stillender Frieden, wie er sich nur in der Natur findet. Westermann hatte das Ende des weitläu­ figen Parkes erreicht, schloß ein Mauerpsörtchen auf, und stand gleich darauf jenseits der steinernen Umfriedigung, die wie eine Kloster­ wand Schloß Willmershöh von der übrigen Welt trennte. Ein paar Schritte tappte er durch allerlei wildes Gerank, das jenseits der Mauer so üppig Wurzel geschlagen hatte, daß es mit grünen Armen bis weit auf den Weg hinüberreichte, den Landleute und Holzfäller benutzten, um in den Wald zu gelangen. Dann bog er vorsichtig die Zweige eines riesigen Hollunderbusches zur Seite und spähte for­ schend in einen Garten, in dem Reseda, bunter Mohn und allerlei üppig erblühte Sommerpflanzen sich breit machten. (Fortsetzung folgt.) ────────── Reichsgesetzes über den Unterstützungswohnsitz beschlossen. Nach demselben erwirbt jeder Teutsche über 16 Jahren ohne weitere Förm-lichkeiterüin jenem Armenbezirk den Unterstüt­ zungswohnsitz, in welchem er sich freiwillig und ununterbrochen ein ganzes Jahr lang auf­ gehalten hat. Das "Heimatsprinzip" wird mit dem kommenden 1. Januar 1915 verschwinden und damit tritt auch eine wesentliche Verschie­ bung der Armenlasten im Verhältnis vom fla­ chen Land zu den Städten ein. Das Armen­ gesetz selbst wird durch das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz nicht geregelt. Dies zu ermöglichen dient der vorliegende Entwurf der Staatsregierung über ein Armengesetz, das 103 Artikel umfaßt und von dem besonderen Ausschuß mit einigen Abänderungen angenom­ men worden ist. Auch für dieses Gesetz hat­ ten sich die Parteien für eine knappe Kontingentierung der Reden geeinigt: Zu jedem der drei Hauptabschnitt des Gesetzes sollte je ein Redner jeder Partei zu Worte kommen: Für das Zentrum empfahl Abg. Weissenfeld das Gesetz zur Annahme; er gestand zu, daß die Städte damit erheblich stärker belastet werden als die ländlichen Gemeinden; doch könnte die bessernde Hand ja immer noch angelegt wer­ den. Der Redner der Sozialdemokraten Abg. Schmid-München betonte, daß die Behauptung in Dr. Schlittenbauers Broschüre, die Sozialzialdemokraten hätten die Mitarbeit am Unter­ stützungswohnsitz-Gesetz versagt, der Wahrheit stracks zuwiderläuft. — Dann erklärte Abg. Schmid, daß die Sozialdemokraten das Gesetz mangels jeder Besserung gegenüber dem jetzi­ gen Zustand ablehnen. Abg. Neuner (Lib.) vertrat ebenfalls den Standpunkt, daß das Ge­ setz die Städte stark belaste; mehr noch aber stören ihn andere Fragen, die nach seiner und seiner Freunde Meinung noch erhebliche Bes­ serungen im Text möglich machen. Solche Bes­ serungen streben eine Reihe von Anträgen an, die dann zur Beratung kamen. Die Anträge der Liberalen und Sozialdemokraten, die vor allem die gesetzliche Verquickung von öffent­ licher und privater Armenpflege ausgemerzt wissen wollen, dann aber das Armenbegräbnis auch in der Form der Feuerbestattung als er­ laubt in das Gesetz zu bringen trachten, wur­ den vom Zentrum natürlich bekämpft. Auch Minister Freiherr v. Soden war der Ansicht seiner politischen Freunde. Die Beratung geht morgen vormittag weiter. Reiche Stiftung. Der Kaufmann Martin Huber in Dachau hat seiner Geburtsgemeinde Puch bei Fürstenfeldbruck ein Vermächtnis von 20 000 Mark gestiftet mit dem Beifügen, daß die Zinsen zur Ausbringung eines Teiles des Schulbedarfs verwendet werden. Brand durch Blitzschlag. Während eines furchtbaren Gewitters zündete gestern Nachmittag ein Blitzstrahl kn dem Schuppen des Müllers Joseph Wallner in Biberach bet Waldmünchen. Wohnhaus, Mühle und Sägewerk wurden ein Raub der Flammen. Die Nebengebäude, Scheune und Stall konnten bei dem wolkenbruchartigen Regen und bei günstigem Winde gerettet werden. Der Schaden ist bedeutend. Das gleiche Unwetter, bei dem dichter Hagel fiel, richtete auch in dem zur Ernte reifen Wintergetreide, im Sommergetreide und in den Hackfrüchten großen Schaden an. 33 Anwesen niedergebrannt. Dielersdorf b. Schönsee, 21. Juli. Gestern abends h*U Uhr entstand im Anwesen des Schreiners Michael Schwarz dahier, wahrscheinlich infolge Blitz­ schlages Feuer, das binnen 1 Stunde von 54 An­ wesen des Dorfes 33 in Schult und Asche legte. Den raschest erschienenen Feuerwehren gelang es nicht des Feuers Herr zu werden. Machtlos stand «an dem verheerenden Elemente gegenüber. Vom Ost­ wind angefacht, griff e« von Anwesen zu Anwesen und hartnäckig kämpfend mußten die Feuerwehren Schritt um Schritt zurückweichen. Die intensive Hitzentwtcklung machte jede Rettungsaktion unmöglich. Den Leuten, die an und für sich mit wenig Glücks­ gütern gesegnet sind. ist fast all ihre Habe ver­ brannt. Die Rot ist sehr groß. Alle Erntevonäte und viele landwirtschaftliche Maschinen find ver­ nichtet. Der Schaden ist unermeßlich. Ein Hilfs­ komitee wird gegründet. ────────── derung der Geschichte des Feldzuges des Fi­ garo gegen ihn. Er wies mit leidenschaftlicher Entschiedenheit die von Calmette im Figaro gegen ihn erhobenen Angriffe zurück. Nach einer lebhaften Erörterung über ein angeb­ lich vorhandes Schriftstück, das Caillaux ent­ ehren solle, wurde die Sitzung abgebrochen. ────────── Niederbayerische Nachrichten. Kelheim, 20. Juli. (Ueber das Zigaretten­ rauchen der Jugendlichen) veröffentlicht das Bezirks% amt Kelheim eine Mahnung an die Eltern, in der auf die große Gefahr für die körperliche Entwicklung der Jugend durch das Zigarettenrauchen hingewiesen wird. ES vermindert die Essenslust, bewirkt durch ungenügende Ausnützung der Speisen Blutarmut, führt zu Herzschwäche und schafft nervöse Zustände. Schließlich bedingt es eine mangelhafte körperliche und geistige Entwicklung und setzt somit die Leistungs­ fähigkeit der Jugendlichen herab. In England ist das Rauchen der Personen unter 16 Jahren sowie der Verkauf von Zigarren und Tabak an dieselben durch Gesetz unter Strafe gestellt. Geiselhöring, 19. Juli. (Ein Gasthaus ab­ gebrannt.) In der Gemeinde Eitting brach am Samstag Großfeuer aus. Das Gasthaus Drißl brannte samt Stallung vollständig nieder. Als Brandursache wird Kurzschluß vermutet. Pfarrkirchen, 20. Juli. (Irrsinnig.) Gestern abends um 9 Uhr bemerkten einige Herren auf dem Bahnhof im Wartesaal 3. Klaffe eine ländlich ge­ kleidete Frauensperson, deren Benehmen auffiel. Bei Befragen erkannte man, daß man es mit einer Irr­ sinnigen zu tun habe, von der man nur erfahren konnte, daß sie aus Wittibreut stamme und nach Deggendorf wolle. Der Name war bis jetzt nicht zu ermitteln. Die Bedauernswerte wurde vorläufig in das hiesige Krankenhaus verbracht. Wattersdorf, 20. Juli. (Sittlichkeitsverbre­ chen.) Gestern nachmittags 5 Uhr wurde auf den sog. Hoferwiesen bei Wallersdorf an einem 17 jähr. Mädchen ein Notzuchtsverbrechen verübt. Der Täter welcher in einem Kornacker auf das Mädchen ge­ lauert hat, wird beschrieben: 19—22 Jahre alt, 1,60—1,65 Meter groß, mittelkräftig gebaut, viele Sommersprossen im Gesichte, dunkles Schnurrbärtchen trug graugrünlichen weichen Filzhut, abgetragene Kleidung und war barfuß. Er Uonnte noch nicht ermittelt werden. Deggendorf, 20. Juli. (Armee-Gepäckmarsch.) Drei Chevauleger vom 7. Chevauleger-Regiment in Straubing unternahmen gestern von Straubing bis Deggendorf einen Wettmarsch. Um 3 Uhr früh marschierten sie in voller Uniform — Reitstiefel, Karabiner, Mantel — von Straubing weg und um dreiviertel 9 Uhr hatten zwei davon ihr Ziel erreicht. Sie waren trotz der großen Marschleistung — 38 Kilometer in 5’/* Stunden — in noch ziem­ lich guter Verfassung. Auf der ganzen Strecke waren sie von radfahrenden Unteroffizieren und Zivilisten begleitet, welche die Kontrolle ausübten. Der dritte Mann gab außerhalb Fischerdorf die Konkurrenz mit seinen Kameraden, die Schulter an Schulter marschierten, auf. Deggendorf, 20. Juli. (Die..Ulmerschachtel") traf gestern mittags auf der zurzeit hochgehenden Donau hier ein. Am 16. Juli ist das Ruderschiff von Ulm abgefahren, um wie alljährlich eine Reise nach Wien zu machen. Die Reise währt ungefähr 10 Tage. Deggendorf, 19. Juli. (Zur Bahneröffnung.) Aller Voraussicht nach findet die Eröffnung der über 54 Kilometer langen Lokalbahnstrecke Deggendorf. Kalteneck am 1. August statt. Auf dieser Strecke sind täglich vier Zugspaare vorgesehen, zwei davon haben Postbesörderung. Simdach am In», 21. Juli. (Verhafteter Einbrecher.) Beim hiesigen Bürstenbindermeister Herrn Nachrainer wurde nachts eingebrochen. Der Gendarmerie gelang es, den Täter in der Person eines reifenden Athleten in Markt! zu verhaften. Er wurde ins hiesige Amtsgericht eingeliefert. Der Dieb kam erst vor ein paar Wochen aus dem Zucht« hause, wo er wegen Einbruchs eine längere Frei­ heitsstrafe verbüßt hatte. Neuhans a. I., 20. Juli. (Vom Tode des »Ertrinkens gerettet.) Heute vormittags 11 Uhr fiel ein Knabe eines hiessen Schneidermeisters in die hochgehenden Fluten des Inn. Der Knabe wäre unrettbar ertrunken, wenn nicht Herr Benedikt Sichinger, Polizeisergeant in Südwestafrika, welcher zurzeit in Neuhaus in Urlaub ist, unter eigener Lebensgefahr in den reißenden Strom gesprungen wäre und den Knaben beim Fischergarten noch retten konnte. Ehre dem wackeren Lebensretter! Rimbach, 20. Juli. (der König als Pate) Dem Bauern Josef Häring in Liebenstein wurde am 28. Juli l. Js. der siebente Knabe in ununter­ brochener Reihenfolge geboren. Seine Majestät König Ludwig IU. hat bet diesem Kinde die Paten­ stelle übernommen und ließ dem Vater Häring bereits das übliche Patengeschenk zu 60 M. zukommen. Unterfrohnstetten, 20. Juli. (Konkurs.) Ueber das Vermögen der Schmied- und Krämereibesitzerseheleule Franz und Theres Nothaft dahier wurde auf deren Ansuchen mit Beschluß des k. Amts­ gerichts Hengersberg das Konkursverfahren eröffnet. Grafenau, 20. Juli. (Todesfall) Gestern früh starb der 70jährtge Privatier Matthias Geier von Grafenau (früher Bauer in Grafenhütt), Mit ihm ist wieder ein Veteran der Jahre 1866 und 1870/71 zur großen Armee eingerückt. Namentlich im Kriege 1870 hat der Verstorbene viel durch­ gemacht. Als feine Kriegskameraden ihn 1870 ab­ holten, hatte er das 2jährlge Kind auf dem Arme, feine Frau sah dem 2. Kinde bald entgegen — ein schmerzlicher Abschied. Bei Orleans geriet Geier durch die Unvorsichtigkeit des Führers einer Vor­ truppe in die ftanzösische Gefangenschaft; vom 1. Dezember 1870 bis 16. März 1871 war Geier ln einem Turme in der Nähe der spanischen Grenze unter großen Entbehrungen gefangen gehalten. Grafenau, 20. Juli. (Abkühlung.) Am Samstag nachmittag wurden auf der Brücke in der Nähe des Krankenhauses zwei Stiere des Bauern Kern von Harschetsreut plötzlich scheu, brachen das Brückengeländer durch und stürzten in die Ohe. Den Dickhäutern soll die Abkühlung vorzüglich bekommen haben. Grubweg, 20. Juli. (Rauferei.) Gestern nachmittags 6 Uhr fing ein Krämer von Salzweg mit einem jungen Burschen von Straßkirchen zu streiten an. Der Bursche nahm dann seinen Gegner und tauchte ihn mit dem Kopfe in einen steinernen Wasserbehälter. Der Bursche wurde von dem Krämer in den. linken Zeigefinger gebissen. Durch das Nahen des Postcautos wurde dem Streit ein Ende bereitet, da der Krämer die Gelegenheit dazu benutzte, um per Auto die Flucht zu ergreifen. Paffau, 21. Juli. (Ertrunken.) Heute mit­ tags kurz nach 12 Uhr stürtzte ein junger Matrose von einem Schlepp, der an der Unteren Donaulände beim Kohlenlager verankert war, in die Donau. Der Matrose wurde von der Stömung sofort unter den Schlepp gezogen und kam nicht mehr zum Vor­ schein. Die Leiche konnte noch nicht geländet werden. Paffau, 21. Juli. (Der Verein der höheren Forstbeamten Bayerns) hielt gestern hier seine 14. Generalversammlung ab. Am Vorabend war bereits die Begrüßungszusammenkunft im Hellkeller vorausgegangen. Herr Regterungs- und Forstrat P r o f t n g e r - Lands Hut begrüßte gestern die Ver­ sammlung namens der Regierung; an Herrn Regierungsdlrektor v. Kirschbaum - Landshut wurde hierauf eine Begrüßungsdepefche gesandt; desgleichen eine solche an den Pfälzer Forstverein. Nach ein paar geschäftlichen Mitteilungen erstattete zum ersten Punkte der Tagesordnung Herr Forstmeister Dr. Schneider- Wolfstein ein mit lebhaftem Beifall aufgenommenes Referat über das Thema: "Der ge­ wischte Wald". Redner sprach in sehr interessanten Darlegungen über die Bedeutung und den Wert des gemischten Waldes. Das zweite Referat erstattete Herr Forstmeister Schwaab - Vilsbiburg über "die Arbeitsordnung für die Betriebe der Kgl. Bayer. Staatsforstverwaltung im Lichte moderner Sozial­ politik." Referent verwies einleitend auf die heutzutage bestehenden Interessengegensätze zwischen Bürger­ tum und Arbeiterschaft, auf die sozialen Reformen zugunsten der Arbeiter und die Entwicklung dieser Reformen, um dann auf die zwei Waffen überzu­ leiten, die die Arbeiterpartei in wirksamster Weise zu handhaben versteht: Allgemeines Wahlrecht und Koalttionsrecht. Dann ging Redner speziell auf letzteres im Einzelnen ein, um hierin wie auch be­ züglich aller übrigen Punkte der Sozialpolitik in über­ zeugenden Worten den Nachweis zu führen, daß die obengenannte Arbeitsordnung tatsächlich allen ge­ rechten sozialen Anforderungen im Interesse der landund forstwirtschaftlichen Arbeiter entspricht und daß sie überdies die notwendige Bewegungsfähigkeit besitzt, um sich den jeweiligen örtlichen und zeitlichen Ver- Nr. 196. hältnissen anzupassen. Auch Herrn Forstmeister Schwaab wurde der gebührende aufrichtige Beifall zuteil. Beim Punkte "Mitteilungen verschiedener Art" gab Herr Forstrat G amperl-Passau Auf­ schlüsse über die Gründung und seitherige erfolgreiche Arbeitsleistung der Waldbaugenoffenschaften Stein­ berg, Wegschetd und Waldkirchen, wobei er besondere Anerkennung jenen Herren zollte, welche die finanziellen Opfer für die Zwecke dieser Genossenschaften gebracht haben. Herr Rentier R e h a b e r verband als Ver­ treter der Waldbaugenossenschaft Steinberg mit dem Danke für die Einladung zur Teilnahme an der Ver­ sammlung die ganz besondere Anerkennung der opfer­ freudigen Tätigkeit des Herrn Forstrates Gampert im Interesse dieser Genossenschaft. Nach der Mittags­ pause begann im gleichen Lokale die geschloffene Mit­ gliederversammlung. yr. Aus Lehrerkreisen schreibt man dem "K. f. N.": Unter 36 Einjährigen des k. 16. Jnf.Regts. (2. und 3. Bataillon) Paffau, wurden 3 zu Unteroffizieren befördert und zwar 2 Volksschullehrer und 1 Philologe. Gar so "hinterleitig" muß »ach dem in ganz Bayern erfolgten Beförderungsprozent­ satz die Lehrerbildung doch nicht fein, wie von ge­ wissen Kreisen herumgeschrie ben wird. ────────── Theaterkommissär entsprechende Anträge unterbreitet j werden. — Direktor Kißmer hat den Vertrag auf Uebernahme des Regensburger Stadttheaters nach -einer Mitteilung der dortigen Presse bereits unter­ zeichnet —* Handwerkerkurse ander Bayer. Landesgewerbeanstalt in Nürnberg. Die nächste» Kurse für Angehörige des Schreiner-, Schuhmacher-, Schlosser- und Malergewerbes finden in der Zeit vom 9. November bis 12. Dezember statt. Aufgenommen werden nur solche Handwerker, die in Bayern ansässig sind und den Nachweis fachgewerblicher Vorbildung und beruflicher Tätigkeit zu erbringen vermögen. Die Unterrtchisgebühr beträgt 20 Mark. —* Ein Flieger passierte auch heute früh halb 7 Uhr auf dem Fluge von Schleißheim nach Regensburg unsere Stadt. Der Flieger, der gestern unsere Stadt überflogen hatte, landete in Regens­ burg. Es war der Fliegerunteroffizier Reinhardt, ein Regensburger, der mit diesem Fluge seine Pi­ lotenprüfung machte. Abends kehrte er wieder über Landshut nach Schleißheim zurück. —*Preuß.-Südd. Klassenlotterie. Die Erneuerung der Lose der 2. Klasse hat be­ gonnen und hat dieselbe gegen Vorzeigung der Vorklassenlose bei Verlust des Anrechtes bis spätestens Montag, den 10. August, abends 6 Uhr zu erfolgen. Die Auszahlung der Getoinne der 1. Klasse hat gleichfalls schon be­ gonnen. Am 14. und 15. August ersfolgt die Ziehung der 2. Klasse, in welcher 10 000 Ge­ winne im Gesamtbeträge von 1663 525 Mark, darunter zwei Hauptgewinne zu je 60 000 Mark gezogen werden. —* Turnerpreise. Bei dem am letzten Sonntag mit dem 50 jährigen Jubiläum des Turn­ vereins Traunstein verbundenen Wetturnen haben vom Männerturnverein Landshut Herr Heidinger den 11. und Herr Wester einen 16. Preis und vom Turnverein Landshut Herr Abtcht einen 16. und Herr Rothhaus den 19. Preis errungen. —* Konzert. Gestern abends konzertierte im dicht besetzten Heißgarten das Musikkorps des hiesigen Infanterie-bataillons. Herr K. Musikmeister Sauerbreh hatte ein seingewähltes Programm zusammengestellt, das von der Ka­ pelle unter seiner Leitung zu wohlabgestufter Wiedergabe gelangte. Vor allem erntete der Konzert-Polka "Die Spötter" für zwei Picolo (Herren Brandt und Kellner), brausenden Beifotl und mußte wiederholt werden. Auch die übrigen Nummern des Programms ernteten Vonseite des mehrere hundert Personen zäh­ lenden Auditoriums lebhaften Applaus. —* In der Arena Weitzmann-Knie findet heute abends die Abschiedsvorstellung statt, die wohl ebenso wie die bisherigen Vor­ stellungen sich eines lebhaften Besuches er­ stellen wird, umsomehr, als die Leistungen der Truppe in ihrem Rahmen tatsächlich als vor­ zügliche zu bezeichnen sind. —* »Der tollkühne Dick", so betitelt sich der neueste sensationelle Schlager, welcher bis einschließlich Freitag in den Kronprinz-Lichtspielen zur Vorführung gelangt. Es ist eine recht aben­ teuerliche Geschichte, ein Detektivfilm mit grandioser Löwenszene, mit gymnastischen, schauspielerischen und kinematographkschen Kunststücken in einem Werk ver­ eint, aber die drei Akte enthalten so viel der Ueberraschungen, daß man von Anfang bis Ende mit ge­ spannter Aufmerksamkeit dem Gange der Handlung folgt. Der Eindruck des tollkühnen Dick hat zweifel­ los seine Vorgänger und doch ist der Artistentrick, die Flucht über Dächer, das Ueberqueren der Straße in schwindelnder Höhe an Telegraphendrähten in dieser Form noch nicht gezeigt worden. Das gilt in noch höherem Maße von dem Kampf auf dem Waggondache, der ein Ringen auf Leben und Tod darstellt. Dieser Moment ist unerhört großartig und wird noch übertroffen durch den Kampf zwischen einem Mädchen und einem Löwen, welcher in dieser Echtheit seines gleichen sucht, so daß man hier ruhig von einem außergewöhnlichen Filmschauspiel sprechen sann. Auch das übrige Programm, wovon beson­ ders ein urfideler Schwank "Seine Hoheit der Erb­ prinz" zu erwähnen ist, finden gewiß allseitigen Beifall. —* Liberale Vereinigung Landshut. Heute Mittwoch Kegelabend km ,Sterngarten" (Seligenthalerstraße). Das Trottoirstatut (Fortsetzung.) Herr Magistratsrat Kohlndorfer betonte, daß die Ausführung der hiesigen Asphalttrot­ toire in die erste Zeit der Herstellung solcher Trottoire überhaupt gefallen sei, In der Alt­ stand handle es sich nicht um einzelne Flä­ chen, sondern es sei das ganze Trottoir schad­ haft und müsse daher neu gelegt werden. Er sei schon dafür, daß die Stadt bei der jetzigen Erneuerung einen Teil der Kosten bezahle, da­ mit auch Trottoire hergestellt werden, welche der heutigen Technik im Asphaltlegen entspre­ chen. Allerdings sei es schade, wenn jetzt ein vollwertiges Trottoir gelegt und in kürzester Zeit wieder aufgerissen werde zur Legung von Telephon oder elektrischen Kabeln. Wenn dies geschehe, so werde das Trottoir nie mehr so schön gemacht, es werden Erhöhungen oder son­ stige Fehler zurückbleiben. In München wür­ den zwar die Trottoire mit heißen Bügeleisen u. s. w. ausgebessert und wieder vollständig eingeebnet. Vor allem müsse dafür gesorgt werden, daß der Hausbesitzer bei der Erneue­ rung wirklich ein zeitgemäßes, ordentliches Trottoir erhalte und nicht wieder eines, das nach zwei Jahren schon wieder der Reparatur bedürftig ist. Es sei auch die Frage zu er­ wägen, ob man wieder ein Asphaltpflaster le­ gen solle. Er habe von den Quarzoidplatten gehört, die auch ein sehr schönes Trottoir ge­ ben sollen. (Zuruf Augsburg!) Heuer sei die Zeit ohnedies schon zu weit vorgeschritten. Es solle daher nichts überstürzt und erst in an­ deren Städten Umfrage gehalten werden. Wenn wieder nur etwas halbes geschaffen werde, so werde auch fernerhin keine Ruhe unter den Hausbesitzern eintreten. Herr Magistratsrat Pausinger meinte, es gehöre heute ein gewisser Mut dazu für das Trottoirstatut zu reden. Er sei vor afsent gegen eine Verquickung der rechtlichen Frage mit der Frage der Ausführung eines neuen Trottoirs. Das Trottoirstatut sei ein fester Bau, der mit den verschiedenen Arten der Aus­ führung von Trottoiren gar nicht in Zusam­ menhang stehe. Gerade die Hausbesitzer der Altstadt hätten seinerzeit ein Asphalttrottoir verlangt. Selbst im Gemeindekollegium habe die Hälfte nicht für Aufhebung des Trottoir­ statuts gestimmt, obwohl diese Kollegiuimsmitglieder auch meist Hausbesitzer seien. Diese hätten sich wohl von der Einsicht leiten lassen, daß die Aufhebung des Trottoirstatuts eine Erhöhung der Gemeindeumlagen nach sich zie­ hen würde. Bei Einführung des Pflasterzolls sei es ähnlich gewesen, da habe die Kaufmannschaft gesagt, "er muß weg". (Zuruf des Herrn Magistratsrats Kohlndorfer: das ist eine falsche Anklage gegen die Kaufmannschaft.) In einer Versammlung wurde diese Forderung fest­ gestellt. (Zuruf: das können einzelne gewesen sein, aber nicht die ganze Kaufmannschaft). Der Herr Magistratsrat Kohlndorfer war da­ mals auch in der Versammlung. Mit den Marktgebühren war es ähnlich. Da sei es wie­ der die Kaufmannschaft gewesen, die deren Auf­ hebung verlangt habe, und jetzt beim Trottoir­ statut seien es die Hausbesitzer. Wenn die Einnahmen der Gemeinden nach und nach zu Gunsten der Interessenten abgebröckelt werden, so könne dies nur auf Kosten der Umlagen­ zahler geschehen. Er wünschte nur, daß bei den Staatsgebäuden das Trottoirstatut mit mehr Nachdruck gehandhabt würde. (Zuruf: man kann den Staat nicht schlechter behandeln als andere.) Den unmittelbaren Anstoß zu den jetzigen Verhandlungen habe der schlechte Zustand des Trottoirs in der Gegend um das Hotel "Drei Mohren" gegeben. Die Hoteliers haben stüher gesagt, wir gehen nicht auf dem Trottoir, und heute stellen sie sogar die Stühle heraus, und rechnen dabei auf die Gutmütig­ keit des Magistrats. Der Hausbesitzer, der die meiste Abnützung an seinem Trottoir kon­ statieren müsse, der habe auch das wertvollste Haus. So hätten auch die Herren in der Seligenthalerstraße, welche so sehr über das Trottoirstatut schimpfen, wertvolle Häuser in ihrem Besitze. Herr Magistratsrat Gerstenecker erklärte, gegen den Staat könne nicht schärfer vorge­ gangen werden, als gegen andere Hausbesitzer. Die letzten Asphalttrottoire seien in Landshut im Jahre 1903 gemacht worden, haben also 10 Jahre gehalten. An der Technik liege es daher nicht, allerdings sei der Asphalt in einer nicht zulässigen Mischung genommen worden. Der Firmeninhaber, der damals das Trottoir hergestellt habe, habe sich auf die große Eile ausgeredet, die infolge der bevorstehenden Aus­ stellungseröffnung notwendig gewesen sei. Es sei jetzt beschlossen worden, daß der Asphalt drei Zentimeter dick ausgetragen werden solle. Dies sei nicht möglich. Die Stadt müsse drei Zentimeter bezahlen und erhalte nur 2,5 Zentimeter, denn bei zu starker Versteifung lasse sich der Asphalt nicht mehr bearbeiten. Die Anwendung von Dampstollen sei nur bei Straßenasphalt möglich, der aber dreimal so teuer zu stehen komme. Ein anderes Pflaster anstelle von Asphalt könne jetzt nicht gemacht werden, weil dann auch die ganze Betonunter­ lage neu hergestellt werden müßte. Er habe vor drei Jahren seinen Urlaub dazu verwendet, um in anderen Städten sich umzusehen, und er habe sich überzeugt, daß in den wenigsten Städten Asphalttrottoire verwendet würden. In Berlin sei auf den belebsten Plätzen Zementplattentrotoir angebracht. Diese jaus Quarz- oder Basaltgrus hergestellten und mit einem Druck von 50 Atmosphären gepreßten Trottoirsteine halten absehbare oder vielmehr unabsehbare Zeit. Er habe damals die An­ regung gegeben, solche Trottoire in Landshut zu errichten. Das Gemeindekollegium habe es aber abgelehnt, weil dieses Trottoir noch nicht erprobt sei. Das "erprobte Asphalttrottoir" wurde aber in Lanöshut weiter gemacht. Er habe inzwischen auch ein neues, ein Teermakadam-Trottoir gesehen. Er glaube, daß die­ ses Trottoir sehr billig zu stehen kommt, un­ gefähr ein Drittel des Asphalttrottoirs, und bei sorgfältiger Ausführung dasselbe vollstän­ dig ersetzt. Außerdem verursache dieses Trot­ toir nur geringe Unterhaltskosten. Es sei aber nicht so gleichmäßig wie Asphalt. Er glaube, daß man an einem Trottoir, das nicht im Zen­ trum der Stadt liege, einen Versuch mit einem solchen Teermakadam-Trottoir machen solle. Die Sache koste nicht viel und man könne sich dann schlüssig machen, ob man sie nicht wei­ ter verwenden wolle. Aus eine Anstage des Herrn Oberbür­ germeisters, wie er sich zur Uebernahme der Hälfte der Erneuerungskosten durch die Stadt stelle, meinte Herr Magistratsrat Gerstenecker, er sei in jener Sitzung, in der dies beschlossen worden sei, nicht anwesend gewesen. Er wolle daher nicht dagegen sein, obwohl es ihm sym­ pathischer gewesen wäre, wenn das Trottoir­ statut geblieben wäre, wie es war. Herr Ober­ bürgermeister wies wiederholt darauf hin, daß nunmehr das bestehende Trottoirstatut wieder völlig in Kraft sei. Herr Magistratsrat Gerstenecker frug hier­ auf an, wie bei einer Teilung der Kosten ein Ausgleich gedacht sei, in welcher Weise eine Schadloshaltung jener Hausbesitzer etsolgen solle, welche ihre Trottoire bereits neu­ hergestellt haben. Herr Stadtbaurat Steger erwiderte, paß dies nicht in die Berechnungen mit einbezogen worden sei. Herr Oberbürgermeister Hofrat Marschall beantragte, es solle der Magistrat beschließen, daß das Trottoirstatut, wie es sei, bestehen bleibe. Im übrigen solle die Angelegenheit nochmals dem Bauausschuß zugeleitet werden, der die Frage einer Entschädigung der Haus­ besitzer nochmals eingehend zu prüfen habe. Schluß folgt. ────────── Florian Kühnhausers Krtegserinnerungen eines Soldaten des kgl. 609er. Jnfanterie-Leibregiments 1870/71, zur Erinnerung an die ruhmreiche Zeit von 1870/71 erschienen soeben in der C. H. Beck'scheu Verlags­ buchhandlung Oskar Beck in München (Oktav, 291 Seiten mit einer Karte, in Leinwand gebunden 2.80 Mk.) Dieser schlichte Buch eines einfachen Mannes, das schon früher in einer beschränkten Auflage die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat und nun in einem neuen Gewand zur Hundertjahrfeier des k b. Infanterie Leib-Regiments an die Dessen!« lichkett tritt, gehört gewiß zu den inhaltsreichsten und feffelndsten Schriften über den großen Krieg. Kühnhauser war es wie nur wenigen vergönnt, den ganzen Feldzug ohne jede Unterbrechung und wesent­ liche Verwundung bet einem Regiments mitzumachen das sowohl an Leistungen als auch an Verlusten mit jeder anderen Armeeabtetlung sich messen kann. Er hat erfahren, was Krieg heißt, und er schildert er mit der ganzen Treuherzigkeit und der reichen Gabe des Auges und Gemütes, die den Bayern besten Schlags auszeichnen. Das Buch dürfte bei Offizieren und insbesondere bet den Mannschaften ein nicht gewöhnliches Interesse erregen und nament­ lich dazu beitragen, die Liebe und den > Patriotismus zum engeren und' weiteren Vaterland zu heben und die Begeisterung zum Wehrstand bei unserer Jugend fördern. ────────── Letzte Posten. Generalmajor Maunz +. Regensburg, 22. Juli. Gestern nach­ mittags verstarb nach 'Engerem Leiden der Kommandeur der 12. Jnfanteriebrigade, Ge­ neralmajor Maunz. Die Leiche wird zur Ein­ äscherung nach Würzburg überführt. Durchgebrannt. Saarburg, 22. Juli. Der Stadtkassen­ rechner Toussaint ist nach Unterschlagungen von 250 000 Mark flüchtig gegangen. Ertrunken. Berlin, 22. Juli. Beim Uebersetzen über die Oder gerieten bei Pollenzig vier Hu­ saren des Husarenregemints Nr. 12 aus Tor­ gau in ein Loch und ging samt den Pferden unter. Drei konnten gerettet werden, der Hu­ sar Koch ertrank. Lustmord. Ronneburg, 22. Juli. Gestern nach­ mittags wurde in einem Haferfelde die 7jährige Tochter Erna des Gutsbesitzers Landmann er­ mordet aufgefunden. Das Mädchen hatte ihre im Krankenhause liegende Mutter besucht und ist vermutlich aus dem Heimwege von einem Radfahrer, nach dem gefahndet wird, ins Feld geschleppt und getötet worden. Abgestürzt. Brüssel, 22. Juli. Die Französin Mme. Cayat de CasteUa stürzte gestern bei einem Versuche mit einem Fallschirm aus 600 Meter Höhe ab und war sofort tot. Schwerer Eisenbahnunfall. Toulouse, 22. Juli. Gestern abends sind in der Nähe von Toulouse zwei Per-sonenzüge zusammengestoßen. Dabei wurden 6 Reisende getötet und etwa 30 verletzt. Familiendrama. Czenstochau, 22. Juli. Gestern ermor­ dete hier der Hausbesitzer Dorangoweki seine Frau, seine beiden Töchter und seinen 17jähr. Schwager. Er stellte sich hierauf der Polizei und gab an, die Tat aus Eifersucht begangen zu haben. Ricsenstrcik. Petersburg, 22. Juli. Der Ausstand nimmt immer größeren Umfang an. Gestern abends erreichte die Zahl der Streikenden ca. 160 000 Mann. Die Polizei, Gendarmerie und Kosaken sind in großer Menge aufgeboten. Trotzdem gelang es den Aufständischen, mehrere Straßenbahnwagen umzustürzen. Die Kosaken feuerten auf die Menge, wobei mehrere Per­ sonen schwer verletzt wurden. Petersburg, 22. Juli. Die Streikenden störten den Straßenbahnverkehr, bewarfen die Polizei mit Steinen und verletzten dadurch drei Offiziere, fünf Revieraufseher und elf Schutzleute. In einigen Fällen mußte die Po­ lizei scharfe Schüsse abfeuern, um die Menge zu zerstreuen. 45 Arbeiter wurden verhaftet. Abends kam es im Wiborger Stadtteil zu be­ denklichen Ausschreitungen. Die Arbeiter stürz­ ten Pferdebahnwagen um, die Polizei wurde aus den Häusern mit Steinen beworfen und beschossen. Die Polizei erwiderte das Feuer. Cholera in Rußland. Wtnnitza (Podolien), 22. Juli. Bis heute sind im hiesigen Kreise an Cholera 213 Personen erkrankt und 49 gestorben. Die Lage in Albanien. Durazz 0, 22. Juli. Gestern trafen hier 240 rumänische Freiwillige mit mehreren Of­ fizieren ein. Aus Berat kam die'Meldung, daß die regierungstreue Bevölkerung die Rebellen aus der (Stadt vertrieben Habe. Die Regierungs­ truppen sollen 12 Tote und 36 Verwundete gehabt haben. Die Verteidigungsmaßnahmen der Stadt werden fortgesetzt, sämtliche Ge­ schäfte wurden geschlossen. Wirre» in Mexiko. Mexiko, 22. Juli. Die Lage wird im­ mer verwirrter. Zu der neuen Revolution im Süden gesellt sich nun auch eine im Norden. Der Rebellengeneral Villa hat nämlich erklärt, mit Carranza brechen und einen eigenen un­ abhängigen Staat gründen zu wollen, der aus den drei Staaten Sonora, Chihuahua und Coahuila besteht. Villa hat bereits mit dem Ein­ zug von Steuern in dem neuen Staate be­ gonnen. ────────── Städtische Schwimmschule. 22. Juli 1914 Lust . . 21 Grad R. Wasser . 17 Grad R. ────────── Allerlei. Peronospora. Von unterrichteter Seite wird mitgeteilt, daß in allen Wrinbangebielen Badens infolge des steten Wechsels von Hitze und Regen die Peronofpora und die Pilzkrankheit festgestellt worden sind. Schnarchen als Verräter. Eine unange­ nehme Ueberraschung erlebte die Verkäuferin Fräulein Anna B., als sie am vergangenen Montag ihre Wohnung in Berlin betrat, die sie ordnungsgemäß verschlossen vorgefunden hatte. Im Zimmer hörte sie aus der Schlaf­ stube kommende Schnarchtöne und entdeckte un­ ter dem Bett einen Mann, der nur mit Hemd, Hose und Strümpfen bekleidet war. Ein her­ beigeholter Schutzmann weckte den Schläfer und zog ihn aus seinem Verstecke hervor. Zur all­ gemeinen Ueberraschung entpuppte sich der Er­ tappte als der Ehemann der Aufwartefrau, der Wvhnungsinhaberin. Dieser hatte eine vor­ übergehende Abwesenheit seiner Frau dazu be­ nutzt, sich die Wohnungsschlüssel des Fräuleins anzueignen, die seine Frau in Verwahrung hatte, und war in das Schlafzimmer einge­ drungen. Vorher aber hatte er sich noch Mut angetrunken und war schließlich unter dem Bette eingeschlafen. Seine Entkleidung sowie ein neben ihm liegendes scharfes, fest­ stehendes, großes Küchenmesser deuten darauf hin, daß er bei der beabsichtigten Beraubung vor einem Morde nicht zurückgeschreckt wäre. Die Oberkleider hatte er in der nicht benutzten Mädchenkammer abgelegt; das Messer ent­ stammt nicht seinem Haushalte, sondern war offenbar erst angeschafft worden. Zwei Friedhofstragödien. Auf dem israe­ litischen Friedhof in Weißensee bei Berlin er­ schoß sich der frühere Kaufmann Max und auf dem Steglitzer Kirchhof versuchte der 22jähr. Friseur Erich K. sich am Grabe seines Vaters das Leben zu nehmen, in dem er eine scharfe Säure trank. Dem einen hatte die Not des Lebens die Waffe in die Hand gedrückt, den an­ deren trieb der Gram um den Verlust des Va­ ters in den Tod. Der Kaufmann hat in der letzten Zeit von Unterstützungen -gelebt, konnte es aber nicht mehr länger über sich gewinnen, sein Dasein durch Almosen zu fristen. Das schrieb er auch in einem Briefe nieder, den man in seiner Tasche vorfand. Zuletzt hatte S. in einer humanitären Anstalt Umterkunst gefunden. Den jungen Mann, den man be­ wußtlos auf dem Steglitzer Bahnhof auffand, brachte man.ins Krankenhaus, doch ist kaum Hoffnung vorhanden, ihn am Leben zu er­ halten. Mordanschlag auf eine« Waldhüter. Als der Waldheger Holitzer in Königshütte gestern abends gegen 11 Uhr von einer Sitzung des Kriegervereins heimkehrte, wurde er hinter­ rücks von einem Gehöft aus angeschossen. Einige Kugeln drangen ihm in den Hals und führten seinen sofortigen Tod herbei. An­ scheinend handelt es sich um einen Racheakt eines Mannes, der von dem Waldheger beim Wildern betroffen und angeschossen worden war. Im Kampfe mit Rowdies. In der Nacht zum Sonntag kam es am Eichholz in Ham­ burg zu einem Zusammenstoß zwischen Row­ dies und Schutzleuten. Mehrere Schutzleute, die die Ruhestörer zur Wache bringen wollten, wurden plötzlich von etwa 20 Personen über­ fahren, welche die Arrestanten befreien woll­ ten. Es entspann sich ein heftiger Kämpft bei dem die Schutzleute blank ziehen mußten. Während des Kampfes, an dem schließlich 17 Schutzleute und etwa 40 junge Leute beteiligt waren, erhielt ein Schutzmann zwei Messer­ stiche in den Rücken. Mehrere Burschen wur­ den mehr oder minder schwer verletzt. — Ein ähnlicher Zusammenstoß spielte sich in der Nacht zum Sonntag in der Großen Freiheit in Al­ tona ab, wo Polizeibeamte bei der Festnahme von Rowdies angegriffen und, als sie mit der blanken Waffe vorgingen, von der Menge mit einem Steinhagel überschüttet wurden. Die Opfer -er Explosion. Die sieben ver­ mißten Arbeiter der Goldbergwerkes im Rathausberg bei Salzburg, in dem vorgestern Nacht eine Explo­ sion von Grubengasen erfolgte, wurden als Leichen geborgen. Rekontre mit Verbrecher«. Zwei Ver­ dächtige, die in Jekaterinoslaw an Bord eines Dampfers verhaftet werden sollten, erschoffen den Polizeibeamten und deffen Gehilfen und verwundeten einen Paffagier schwer. Die beiden Täter wurden schließlich von einem herbeigeholten Militärkommando erschoffen. Tie eigene Mutter in scheußlicher Weise ermordet. Ein schreckliches Verbrechen hat sich in Cordosera (Spanien) ereignet. Ein reicher Pächter hatte, wie jetzt bekannt wird, seine Mutter seit mehreren Jahren in einem Keller seines Hauses eingeschlossen; er gab ihr nur die notwendigsten Nahrungsmittel und miß­ handelte sie aus jede Weise. Gestern nun hat er sie in einem Wutansall erdrosselt und ist dann geflohen. Wenige Stunden später wurde er gefunden. Bei dem Versuche, ihn zu ver­ haften, stießen die Gendarmen auf heftigen Widerstand, so daß einer von ihnen seinen Revolver zog und den Muttermörder aus Not­ wehr erschoß. 300 Menschen in Todesgefahr. Gestern nachmittags brach auf dem Hudsondampfer "Massachusets", welcher 300 Passagiere anBord hatte, ein Feuer aus, das sich mit rasender Geschwindigkeit verbreitet hatte und alsbald das ganze Oberdeck ergriff. Der Dampfer brannte bis zur Wasserlinie ab. Die Passagiere hätten um eine Haaresbreite den gräßlichsten Flammentod erlitten, wenn sie nicht im aller­ letzten Augenblicke von einem zufällig vorbei­ fahrenden Dampfer gerettet worden wären. Sie wurden alle wohlbehalten bei Long Island ans Land gesetzt. 1 Der verpönte Badetango. Aus New Aork wird berichtet: Die amerikanische Geistlichkeit ist ein Opfer tiefer Bekümmernis geworden, mit flammenden Worten warnt sie die Welt vor einer schlimmen Gefahr, ein neues Heidentum dämmert herauf. Die Quelle dieses Unheils sind die vor­ nehmen Badeorte in der Umgebung von New Aork. Mit einer Mischung von Staunen und Entsetzen müssen es Christenmenschen hier erleben, daß am Strande gar mangelhaft bekleidete Menschenkinder beiderlei Geschlechts miteinander die wunderlichsten Reigen aufführen. Der Badetango ist zu einer Epidemie geworden. Ueberall tanzt man am Strande im Badekostüm den verpönten Tanz; ja, die Mode­ künstler haben das noch unterstützt, in dem sie eigens zum Tangotanz geeignete Badekostüme entwarfen. Nun ergriff ein Pfarrer in feiner Predigt in New Aork im Namen der Kirche das Wort, um dieses Treiben zu kennzeichnen. "Eine Horde gewinnsüch­ tiger und gewissenloser Menschen stellt eine Musik­ kapelle, um Männer und Frauen zu verlocken und zu ermutigen, in ihren Badekostümen zu tanzen, in einer Tracht, die sich von der Nacktheit kaum unter­ scheidet. Und diese Wesen schließen einander in die Arme, drehen sich, hüpfen, beugen sich und springen aus dem Sand umher mit allen Anzeichen des Ver­ gnügens und freudiger Erregung, vor den Augen einer versammelten Menge." Nun droht ein Kon­ flikt zwischen der Geistlichkeit und der Badepolizei; denn die Badepolizet ist anderer Ansicht und be­ hauptet, daß die Damen in diesem Jahre Bade­ kostüme aus dickerem Stoff tragen als je, und daß ihre Badegewänder faltenreicher find als ihre ge­ wöhnlichen Kleider.